Kurt F. Svatek, (Österreich) geb. 1949, veröffentlichte einschließlich der Übersetzungen bisher mehr als 60 Bücher und Broschüren (Haiku, Lyrik, Aphorismen, Essays, ein Roman). Seine Texte wurden mittlerweile in alle Weltsprachen übersetzt. Er ist Vorstandsmitglied des Österreichischen P.E.N.

 

Deutsch

 

 

 

Wo auch immer

 

Es sitzen immer die Falschen

auf gepackten Koffern,

fremd wie der Fluss, der da ist

und dennoch vorbeifließt,

und den die Trauerweide als Einzige

mit ihren Armen aufzuhalten versucht.

Wie alle wissen, vergebens.

 

Wie so vieles vergebens ist

und dennoch schicksalhaft

versucht werden muss.

Denn nicht aus jedem Kokon

schlüpft nach dem Verpuppen

ein wundervoller Schmetterling,

wenn auch, dann oft nur für einen Tag.

 

In jeder Geschichte vermengen sich

die Leben unzähliger Menschen.

Man kann nur wenige Schritte

von der Wahrheit entfernt sein

und doch so weit weg,

als wäre man in einer anderen Welt,

in der dann nicht nur die Selbstgerechten siegen.

 

Humanismus und Idealismus werden letzten Endes

immer vom Chaos besiegt werden,

wie die Traumkette

vom unerbittlichen Morgen

auseinandergerissen wird.

Nur wenn die Eliten wirklich Eliten wären,

dann sähe die Welt wohl anders aus.

 

Selbst die Sprache gaukelt

ein Nacheinander von Dingen vor,

die gleichzeitig stattfinden,

aber nicht gleichzeitig

erzählt werden können.

Es sitzen eben immer die Falschen

auf gepackten Koffern.

 

Nicht allein nur eine Bibliothek

ist ein horizontaler,

wie vor allem auch ein vertikaler Irrgarten

und lässt von so mancher erreichten Höhe

wieder sehr leicht zurückfallen.

Nur ein Wesen, das vom Tod nichts weiß,

ist unsterblich.

 

 

Tren a las nubes

 

 

Es ist der Weg des Lebens,

nicht nur der eines Zuges in die Anden,

der selten einmal

die klare, trockene Landschaft verlässt

und in die Wolken gerät.

 

Es ist die mit der Höhe

immer dünner werdende Luft,

die dem Fremden das Atmen erschwert.

Und wenn es doch einmal regnet,

dann regnet es eben.

 

 

Anmerkung: Der Tren a las Nubes, der Wolkenzug,  fährt von Salta in 1200 Metern Höhe im Nordwesten von Argentinien bis zum Stahlviadukt La Polvorilla (4250 m). Weiter führt die Strecke nach Chile nur für die Salpeterzüge.