Jelena Semjonowa-Herzog (Belarus/Österreich), in Minsk geboren, ist Lyrikerin, Schriftstellerin, Übersetzerin für Russisch und Belarussisch, Literaturwissenschaftlerin und Lehrerin. Sie studierte Übersetzen und Dolmetschen an der Minsker Staatlichen Linguistischen Universität und promovierte an der Universität Wien. Sie schreibt auf Russisch, Belarussisch und Deutsch. 2005 erschien in Minsk ihr Lyrikband „Die Tropfen des Lichtes“. Sie übersetzt Lyrik und Prosa. Zuletzt erschien ihre russische Übersetzung des Jugendromans „Hanniel. Ein Engel auf Erden“ von Lene Mayer-Skumanz (Minsk, 2020). Sie ist Vorstandsmitglied der IG Übersetzerinnen Übersetzer und der Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur, Mitglied der Literar-Mechana, des Vereins „I GEH LESEN“, von UNIVERSITAS Austria u.a. Seit 2006 lebt und arbeitet sie in Wien.

 

Deutsch

 

 

Russisch


 

Der graue Morgen schaut mit düsterem Auge.

Ich wache auf, wenn auch nicht gleich.

Der müde Wind schläft leise auf dem Dach,

erholt sich, hoch hinaufgeklettert.

 

Die Sonne versteckt sich schüchtern hinter der Wolke,

zeigt ihren milden Strahl nicht. Eine Finte!

Ein heller unschuldiger Spaß der Sonne.

Ist sie nicht da – finster wird mir und bange.

 

Wie sehr will ich, dass sie aufwacht,

vom Himmel herunterschaut und lächelt,

dass sie mich mit warmem Licht überflutet

und mir mit der Morgenröte die Hoffnung zurückgibt.

 

 

DER MORGEN

 

 

Das Dunkel der Nacht hat sich noch nicht verzogen

Langsam wird heller der fliederfarbene Schleier

Das Licht der Fenster erinnert an den Morgen

 

DER ABEND

 

Am dunkelblauen Himmel

schimmern samtweich die Brillanten der Sterne

Lautlos jagen Kometen vorbei

streifen sie wie aus Versehen mit ihren Schweifen

 

***

 

Der Flieder blühte.

Mit dichtem schwerem Duft

hingen die Blütentrauben herab.

Sie trugen, einer reichen Decke gleich, ihre zähe

Schleppe, geheimnisvoll und träumerisch.

Der Fluss glänzte im Mondschein,

ließ die Wellen träge plätschern.

Ach, nichts Schöneres gibt es auf der Welt

als den wohlriechenden Ball des Frühlings.

 

***

 

Der Wind bewegt leicht die Wipfel der Bäume,

zerstreut den Sternenstaub im Dunkel.

Nachts wird niemand hier meinen Schrei hören.

Vielleicht ruft mir der Uhu aus der Finsternis zu.

 

Alte Fichten stehen wie Krieger,

die Zweige in die blaue Nacht ausgestreckt.

Mit Schnee bedeckt, mit Wind getränkt,

können sie ihren Winterschlaf nicht überwinden.

 

Der verzauberte, vom Schlaf behexte Wald

ist vom perlenschimmernden Mondlicht umflutet.

Mit zarten Schneefesseln gefesselt,

hütet er seine jahrhundertealten Geheimnisse.

 

Und über der Waldesstille erstreckt sich

der bodenlose Himmel voller Sterne.

Wenn ich fliegen könnte, stürzte ich mich sogleich

in jene aufregende Welt der Sternträumereien.

 

 

Серое утро глядит хмурым глазом.

Я просыпаюсь хотя и не сразу,

Ветер усталый тихо на крыше

Спит, отдыхает, забравшись повыше.

 

Солнце, за облаком спрятавшись робко,

Мягкий свой луч не покажет. Уловка!

Светлая солнца невинная шутка.

Нет его – мрачно мне стало и жутко.

 

Как я хочу, чтоб оно всё ж проснулось,

С неба взглянуло и улыбнулось,

Чтобы меня залило теплым светом

И мне надежду вернуло с рассветом.

 

 УТРО

 

Сумрак ночи ещё не рассеялся

Медленно светлеет сиреневая дымка

Свет окон напоминает об утре

 

 

ВЕЧЕР

 

На тёмно-синем небе

Бархатно светят бриллианты звёзд

Неслышно проносятся кометы

Как бы невзначай задевая их хвостами

 

 ***

 

Цвела сирень.

С густым тяжёлым ароматом

Свисали гроздьями бутоны.

И пологом несли богатым

Тягучий шлейф, таинственный и томный.

Река блестела в лунном свете,

Лениво волнами плескала.

Ах, лучше нет на этом свете

Весны благоухающего бала.

 

***

Ветер деревьев вершины колышет,

Звёздную пюль рассыпая во мгле.

Ночью мой крик здесь никто не услышит.

Может, лишь филин мне ухнет во тьме.

 

Старые сосны стоят, словно воины,

Ветви протянуты в синюю ночь.

Снегом усыпаны, ветром напоены,

Зимний не могут свой сон превозмочь.

 

Лес очарованный, сном заколдованный

Месяца светом жемчужным облит.

Снега оковами нежными скованный,

Тайны свои вековые хранит.

 

А над лесной тишиною раскинулось

Небо бездонное, полное звёзд.

Если летать бы могла, сразу ринулась

Я в тот волнующий мир звёздных грёз.

 


Übersetzt aus dem Russischen von der Lyrikerrin