Dušan Savić (Serbien/ Österreich) wurde in Banja Luka geboren. Seine erste Geschichte wurde im März 2007 in der Tageszeitung Politika veröffentlicht, danach erschien die Kurzgeschichten-Sammlung „Der Sattel“ - Banja Luka aus dem Koffer der Erinnerungen (Verlag NEZAVISNE NOVINE, Banja Luka). Der Roman Wiener Rad (Verlag Treći Trg – Belgrad) wurde zuerst auf Serbisch (2009), dann auf Deutsch beim österreichischen United – p.c. Verlag, Neckenmarkt (2012herausgegeben. Savić schreibt auch Gedichte. Seine erste Gedichtsammlung Die Steine sprechen veröffentlichte er beim bulgarischen Verlag Svetulka 44 in Sofia (2006). Seine Poesie und Prosa sind in mehreren literarischen Zeitschriften und Anthologien auf  Deutsch, Serbisch, Polnisch und Tschechisch erschienen. Der Autor ist auch als Übersetzer tätig. Der Autor ist Mitglied der Serbischen Gesellschaft der Schriftsteller Vojvodina, des Vereins der Schriftsteller der Republika Srpska und des österreichischen PEN-Clubs. Er lebt und schafft in Wien und Sombor.

 

 

  Deutsch

 

 

 Ein Teil des Romans INTER VIVOS aus dem Kapitel Rote Äpfel

 

 

Der Morgen holte uns in die dunkle Wirklichkeit zurück. Wir hatten erst einige Kilometer hinter uns, als das ohnehin schlechte Wetter sich noch verschlimmerte. Mit unglaublicher Geschwindigkeit brauten sich die Wolken über unseren Köpfen zusammen und bald jagte ein Blitz den anderen. Das grelle Donnern rief in uns eine neue Art von Angst hervor, die sich mit jener vermischte, die seit dem Übertreten der Schwelle ins KZ Auschwitz-Birkenau in uns war. Grobkörniger Schneeregen brach über uns herein. Die Kälte, die aus der frisch genässten Erde aufstieg, machte meinen Körper ganz steif und schnitt mir den Atem ab. Von den Enden der Kolonne her donnerten deutsche Beschimpfungen. Ich verstand die Worte, die zwei Wachen austauschten und so erfuhr ich zufällig das Ziel unserer Reise, das Lager Bergen-Belsen. Das war irgendwo bei Bremen. Wir hatten also etwas weniger als die Hälfte des Weges hinter uns. Das Gehen fiel mir immer schwerer. Ich hatte das Gefühl, dass mich das bisschen Kraft, das ich noch hatte, unwiederbringlich verließ. Ich stolperte und versank tief im schlammigen Boden. Ich war nur Sekunden vom Schuss in den Hinterkopf entfernt. Dorota und Reina richteten mich auf, indem sie rechtzeitig ihre mageren Hände unter mich schoben. Mit weit geöffneten Augen starrte ich in die hoffnungslose Leere vor mir. Meinen Kopf durchzuckte ein Geistesblitz, der sich mit dem mit dem Donnergrollen des Himmels vermischte. Als ob mir diese kurze Erleuchtung ein Zeichen gab. Nein! Ich kehre nicht wieder ins Lager zurück. Entweder Freiheit oder Tod! Die soeben getroffene Entscheidung flüsterte ich Reina zu. Sie versuchte mich davon abzuhalten und hätte dabei fast losgeweint, aber ich unterbrach sie entschieden. Sie musste mit mir fliehen und Schluss! Dorota gegenüber verloren wir kein Wort darüber. Das Risiko war zu groß. Zu zweit standen unsere Chancen besser. Vielleicht wäre sie für so ein gefährliches Abenteuer auch gar nicht bereit. Der Plan war, Reina in einem geeigneten Moment an der Hand zu ziehen, wenn wir den Wald, der in der Ferne zu erkennen war, erreicht haben würden. Sie schwieg. Ihr Kopf war gesenkt, der Körper gebeugt. Sie leistete keinen Widerstand mehr. Vermutlich verstand sie, dass dieses unendliche Marschieren nichts anderes als den Tod bedeutete. Nur aufgeschoben. So hatten wir wenigstens die Hoffnung, vielleicht unser Haus in Novi Sad wieder zu sehen. Das Unwetter verschwand so schnell wie es aufgezogen war. Manche hätten darin ein schlechtes Omen gesehen. Ich jedoch nicht. Möglicherweise weil ich Ereignisse um mich herum immer aus zwei Blickwinkeln betrachtete. Dieses Mal spürte ich intensiv eine nahende Veränderung der bisherigen Entwicklung. Ich wusste nicht warum und wie, aber ich war mir dessen sicher. Diese ermutigenden Gedanken beflügelten mich und die geistesabwesende Stumpfheit verschwand. Reina musterte mich komisch, da ich unbewusst zu hopsen begonnen hatte. Ich sah, wie der Wald sich langsam näherte. Meine Sinne waren aufs Äußerste geschärft. Ich bereitete mich auf den entscheidenden Sprung vor, wie ein Puma, der seiner Beute nachstellt. In diesem Moment ging eine Bäuerin mit einem Korb auf dem Kopf an der Kolonne vorbei. Alle starrten sie an und folgten mit traurigen Blicken jeder ihrer Bewegungen. In der Ferne ertönte ein seltsames Brummen. Die Hunde begannen zu bellen. Es dauerte nicht lange. Über den nahegelegenen Baumkronen, die verschneit und mit Eiszapfen behangen waren, tauchte eine kleine Flugzeugformation im Tiefflug auf. Nach einer Halbdrehung wurde das Maschinengewehrfeuer auf unsere Kolonne eröffnet. Die Wachen warfen sich reflexartig mit den Hunden in die umliegenden Gräben und die Bäuerin, die als eine der ersten getroffen wurde, ließ ihren Korb fallen. An die zehn Kilo roter Winteräpfel rollten über den Weg. Das war das Zeichen, auf das ich gewartet hatte. Ich zog Reina ins nächste Gebüsch, wo wir uns zusammenkauerten und unseren Mund mit der Hand bedeckten, damit uns der eisige Atem nicht verriet. Niemand bemerkte uns. Die Maschinengewehre übersäten den Weg mit einem Kugelhagel, während die ausgehungerten Frauen einen unerbittlichen Kampf um die Äpfel ausfochten. Sie hüpften den rollenden, roten Perlen nach, obwohl es von allen Seiten, am heftigsten aber vom Himmel, Schüsse hagelte. Sie fielen wie Garben um, die angebissenen Äpfel noch zwischen den Zähnen. Die anderen ließen sich davon nicht beirren. Sie warfen sich auf die blutigen Körper, rissen ihnen das Obst aus den toten Mündern, drehten die Körper in alle Richtungen, um sich darunter auch ja kein noch so kleines Stück dieses wie durch ein Wunder aufgetauchten Schatzes entgehen zu lassen. Zehn Kilo Äpfel auf tausende Frauen. Und tausende Schüsse, von denen jeder einzelne den Tod bedeuten kann. Wir betrachteten dieses wilde, irreale Massaker, das erst einige Minuten andauerte, uns aber wie eine Ewigkeit vorkam. Reina hielt es nicht aus. Sie senkte als erste den Kopf. Das konnte ich nicht. Ich presste sie, wie damals Mutter Benjamin im Viehwaggon, an meine Brust und beobachtete die abscheuliche Szene des Kampfes um die roten Äpfel, deren schreckliche Anziehungskraft stärker war als die Angst vor den tödlichen Schüssen. Ich war wie verhext. Die Flugzeuge verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren und die Hunde begannen ganz außer sich vor Angst zu jaulen. Vielleicht spürten sie uns deshalb nicht auf. Schnell wurde erneut eine Kolonne gebildet. Ihre Präzision behielten die Deutschen auch dieses Mal bei. Allerdings war die Kolonne jetzt entschieden kürzer.

 

 

 

 Serbisch

 

 

 INTER VIVOS

 

 

     

Jutro nas je vratilo u mučnu stvarnost. Prevalili smo tek nekoliko kilometara kad se iznenada promenilo i onako rđavo vreme. Oblaci su se navukli nad našim glavama neverovatnom brzinom i provalili bljujući munje jednu za drugom.  Reski prasak gromova izazivao je novu vrstu straha u nama koji se pomešao s onim kojeg smo nosili u sebi od stupanja na rampu logora, Aušvic-Birkenau. Sručila se na nas krupna kiša pomešana sa snegom. Hladnoća sa sveže raskvašene zemlje kočila mi je telo i presecala dah. S krajeva kolone grmele su nemačke psovke. Razaznala sam reči koje su razmenila dvojica stražara i tako sasvim slučajno saznala cilj našeg putovanja. Logor Bergen-Belsen. To je negde kod Bremena. Znači, prešli smo otprilike nešto manje od pola rute. Koračala sam sve teže. Imala sam osećaj da me nepovratno napušta i ono malo snage što je preostalo. Posrnula sam i duboko upala u glib. Od metka u potiljak delila me tek tričava sekunda. Uspravile su me Dorota i Rejna, podmetnuvši na vreme svoje mršave ruke. Širom otvorenih očiju gledala sam u prazninu ispred sebe i činila mi se kao bezdan. Sevnula mi je iskra u glavi, mešajući se s nebeskim praskom koji je na delić sekunde obasjao kolonu. Taj kratkotrajni sjaj kao da mi je dao znak. Ne! Neću ponovo u logor! Ili sloboda, ili smrt! Upravo donetu odluku tiho sam saopštila Rejni. Pokušala je da me odgovori, spremna da zaplače, ali sam je odlučno prekinula. Ima da beži sa mnom, i tačka! Doroti nismo rekle ništa. Prevelik je rizik. Udvoje su nam veće šanse. A, možda ne bi ni pristala na tako opasnu avanturu. Plan je bio da Rejnu u najpogodnijem trenutku povučem za ruku kad stignemo do šume koja se nazirala u daljini. Ćutala je spuštene glave i povijenog tela. Više se nije opirala. Verovatno je shvatila da i ovo beskrajno hodanje nije ništa drugo nego smrt. Samo odložena. Ovako barem imamo delić nade da, možda, ponovo ugledamo naš Novosadski dom. Nevreme je iznenada nestalo kao što se i pojavilo. Nekom bi to izgledalo kao loš predznak. Ne i meni. Možda zato što sam na pojave oko sebe uvek gledala iz dva ugla. Ovog puta sam snažno osećala, poremetiće se dosadašnji tok stvari. Nisam znala zašto i kako, ali bila sam sigurna. Sokolile su me nadošle misli i nestalo je apatične obamrlosti. Rejna me čudno odmeravala, jer sam počela da poskakujem. Nesvesno. Gledala sam kako nam se šuma polako približava i čula mi postadoše krajnje napeta i izoštrena. Spremala sam se na odlučujući skok kao panter na plen. Tog momenta je pored kolone prolazila seljanka, noseći poveću košaru na glavi. Kolona je žalostivim pogledima pomno pratila svaki njen korak. U daljini je počelo neko čudno brujanje. Psi su počeli da laju. Nije dugo trajalo. Iznad obližnjih krošnji stabala okićenih snegom, sa sveže okačenim ledenicama, izronila je manja formacija aviona u niskom letu. Napravili su polukružni zaokret i počeli mitraljirati duž kolone. Stražari su se instinktivno pobacali s psima po okolnim šančevima, a seljanka, pogođena među prvima, ispustila je korpu. Po putu se razletelo desetak kilograma crvenih, zimskih jabuka. To je bio znak koji sam čekala. Povukla sam Rejnu u obližnji grm, gde smo se šćućurile i pokrile usta rukom da nas ne otkrije ledeni dah. Niko nas nije primetio. Mitraljezi su, precizno kao 'singerice', štepali tanad po putu, a izgladnele žene, iz petoreda, započele su bespoštednu borbu oko razasutih jabuka. Poskakivale su za kotrljajućim, crvenim biserima, iako je prštalo sa svih strana, s neba ponajviše. Padale su kao snoplje, s poluzagriženim jabukama u ustima. Nadolazeće to nije zbunjivalo. Bacale su se po krvavim telima, čupale voćke iz mrtvih usta, prevrtale tela levo - desno, ne bi li ispod njih našle makar i najsitniji delić tog čudom iskrslog blaga. Desetak kilograma jabuka, a njih hiljade. I hiljade projektila uhvaćeno u kolu za život i smrt. Posmatrale smo taj divlji, nadrealan masakr koji se odvijao tek nekoliko minuta, a nama se činilo da traje večnost. Rejna nije izdržala i prva je spustila glavu. Ja nisam mogla. Privila sam je na grudi, kao majka Benjamina onomad u stočnom vagonu, i posmatrala stravičan prizor borbe za krvave jabuke, čija privlačnost beše jača od straha pred ubojitom tanadi. Bila sam kao omađijana gledajući neopisivu dramu. Avioni su nestali brzo kako su i došli, a izbezumljeni kerovi počeli da zavijaju obuzeti strahom koji je ličio na ljudski. Možda nas zato nisu nanjušili. Brzo se formirala nova kolona. Nemci ni ovog puta nisu zakazali u svojoj preciznosti uvođenja reda. Ovog puta kolona je bila znatno kraća.