Pascal C. Tanguy (Österreich/Frankreich) wurde in Linz, Österreich geboren. Er studierte Romanistik und Anglistik in Innsbruck, verbrachte im Rahmen seiner Lehrtätigkeit ein Jahr in den USA und vier Jahre in Frankreich (davon zuletzt 2013/14 in Paris) und arbeitet seither in Wien als Gymnasiallehrer. Seine eingehende Beschäftigung mit französischer Kunst – vor allem mit Lyrik, Malerei und Musik – verschaffte ihm wichtige Anregungen für seine Arbeit. Im Bereich der Malerei – bei der sein bevorzugtes Medium die Acrylfarbe ist – fasziniert ihn seit langem die Abstraktion. Seine erste Einzelausstellung fand im Jahr 2005 in der Bibliothek der Romanistik der Universität Wien statt. Die Fotografie ist seit seiner Kindheit Teil seines Lebens. Im Jahr 2015 fand seine erste Ausstellung in der Galerie Kandinsky in Wien statt. Weiters ist er auch musikalisch tätig, er spielt beim Concentus21 Violine.

Deutsch

 

 

KAFFEE IM CENTRAL

 

 

 

„Zwei Plätze für Sie? Dort drüben, passt Ihnen der Tisch?“                                                „Monsieur, …“                                                                                                                                         „Ach, Sie sind Franzosen, Sie haben Glück, wenn ich so sagen darf, ich habe lange in Paris gelebt, ich spreche Französisch.“                                                                                                            Den französischen Touristen bleibt der Mund offen stehen, als sie sein einwandfreies Französisch hören. Sie haben soeben eines der schönsten Wiener Kaffeehäuser, das Café Central, betreten, geradezu ein Prunkstück, ein Juwel der Neorenaissance in der österreichischen Hauptstadt, früher Treffpunkt der Schriftsteller einer längst vergangenen Zeit. Normalerweise stehen die Menschen Schlange am Eingang, man muss sich gedulden, es ist ein bei Touristen sehr begehrtes Café. An diesem Tag aber stellen sich nur wenige Leute an, was für ein Glück! Überdies sorgt der charmante Kellner, elegant gekleidet – schwarzer Anzug, Fliege, weißes Hemd – gleich für Stimmung.                                                           „Folgen Sie mir bitte. Hier ist Ihr Tisch, passt er Ihnen?“, fährt er auf französisch fort.                                                                                                                                                                                             Er zeigt ihnen den kleinen Marmortisch und die Sitze aus rotem Samt. Von dieser Stelle aus hat man einen ausgezeichneten Blick auf den Innenraum dieses prächtigen Cafés, das an die Zeiten des Vielvölkerstaats erinnert, der überall im gegenwärtigen Österreich Spuren hinterlassen hat, auf den Zeitungsständer mit einer großen Auswahl von Zeitungen aus allen Teilen der Welt, und schließlich auch auf die Glasvitrine mit den Mehlspeisen, auf die das kleine Land im Herzen des Kontinents zu Recht stolz ist.                                                                                            „Was nimmst du, Schatz, einen Kaffee, einen Croissant?“, fragt ganz aufmerksam der junge Franzose seine Begleiterin, die sehr französisch ist, elegant, blond, schlank, mit braunen Augen und Pferdeschwanz.                                                                                                    „Wenn Sie nichts dagegen haben, Madame, Monsieur,“ bringt sich der Kellner diskret, in perfektem Französisch ein, „schlage ich Ihnen vor, eine unserer österreichischen Mehlspeisen zu probieren. Sie sind köstlich, wirklich ausgesprochen köstlich.“                                       „Einverstanden“, antwortet die junge Frau, „ich nehme also einen Kaffee und … wie sprechen Sie das Wort aus, einen Apfelstrudel, versucht die hübsche blonde Frau das Wort auf Deutsch richtig auszusprechen.                                                                                                               „Sehr gute Wahl, Madame,“ erwidert der Kellner, dem es ganz augenscheinlich Freude macht, seine Französischkenntnisse in die Praxis umsetzen zu können.                                                 

 

„Aber, erlauben Sie“, fährt er höflich fort, „was für einen Kaffee wünschen Sie? Sie müssen wissen, Sie sind hier in der Hauptstadt des Kaffees, da muss man schon präzisieren, sonst wissen wir nicht, was Sie meinen.“                                                                                                                                „Nun, was für einen Kaffee würden Sie mir denn empfehlen, Monsieur?“, fragt da die Französin, die davon beeindruckt ist, wie gut der Kellner ihre Muttersprache beherrscht./                                                                                                                                                             „Wie wär’s mit einem Fiaker, das ist ein starker Kaffee mit ein wenig Kirschlikör, würden Ihnen der recht sein, Madame?“                                                                                                               „Sehr gut, also einen Fiaker. Aber woher kommt denn diese merkwürdige Bezeichnung, Monsieur?“                                                                                                                            „Dieser Spezialität liegt Folgendes zugrunde : In früheren Zeiten tranken die Kutscher der Fiaker, um sich aufzuwärmen, einen starken Kaffee mit ein wenig Alkohol, als sie in kalten Winterstunden auf ihre Kunden warteten.“

 

„So gibt es also viele Kaffeespezialitäten in Wien“, reagiert die junge Frau erstaunt.                                „Gut, ich nehme dann einen großen Schwarzen“, schaltet sich da ihr Freund ein, den die angeregte Unterhaltung zwischen seiner Begleiterin und dem fremden Herrn im schwarzen Anzug sichtlich ein wenig eifersüchtig gemacht hat.                                                                                                         „Na, du kennst dich aber aus bei den Kaffeespezialitäten, mein Schatz“, fügt seine Freundin da hinzu.                                                                                                                                                              Er lächelt. Die Intervention ist ihm gelungen.                                                                                  „Und was darf es zum Kaffee sein, Monsieur?“ fragt ihn der Kellner, der wieder zu seiner offiziellen, fast servilen Rolle gefunden hat.                                                                            Nun aber möchte der junge Franzose mehr über die Geschichte der österreichischen Mehlspeisen erfahren und auch, warum nicht, den freundlichen, mehrsprachigen Kellner einem kleinen Test unterziehen./                                                                                                                                       „Ich hätte gerne ein Croissant, aber wissen Sie vielleicht“, fragt er ihn unvermittelt, „etwas über die Herkunft des Croissants?“                                                                                             „Das wird Sie vielleicht überraschen, Monsieur, aber anders, als man glaubt, ist der Croissant weder eine französische noch eine österreichische Spezialität. Unsereins nennt ihn übrigens Kipferl, das ist ein Wort mit der typisch österreichischen Verkleinerungsform auf -erl. Die Legende erzählt – zu Recht oder zu Unrecht – dass zur Zeit der Belagerung Wiens durch die Türken im Jahr 1683 die Wiener den Kaffee und das Croissant entdeckt haben.“                                                                                                                                 Der Coup ist ihm gelungen. Der Franzose bleibt aber ganz höflich und wendet sich nun einer anderen Sache zu.                                                                                                                               „Welche österreichische Spezialität würden Sie mir denn empfehlen – ich sehe, dass es da eine Vielzahl von köstlichen Mehlspeisen gibt!“                                                                           „Nehmen Sie doch eine Linzer Torte, die ist weniger bekannt als die Sachertorte, aber ebenso gut, und auf jeden Fall bekömmlicher.                                                                                         „Das ist eine sehr gute Idee“, antwortet ihm der Franzose, der froh ist, nun seine Bestellung in diesem österreichischen Mekka der Kuchen und Kaffees abgeschlossen zu haben. „Und bringen Sie mir bitte auch die Zeitung Le Monde. Ich spreche nicht Deutsch“, fügt der junge Mann hinzu.                                                                                                                                     „Immer zu Diensten“, antwortet der Kellner in einwandfreiem Französisch, entfernt sich und steuert auf den Zeitungsständer zu, der voll von renommierten internationalen Zeitungen ist.

 

Der junge Franzose aber nimmt die Hand seiner Begleiterin, die ihn zärtlich, schelmisch, verliebt anlächelt.

 

 

 

 

 

Französisch

 

 

 

LE CROISSANT DU CENTRAL

 

 

 

„Zwei Plätze für Sie? Dort drüben, passt Ihnen der Tisch?“                                                „Monsieur, …“                                                                                                                                          „Ah, vous êtes français, vous avez de la chance, si j‘ose dire, j’ai vécu à Paris longtemps, je parle français.“                                                                                                                                        Le couple de touristes français reste bouche-bée en entendant son français impeccable. Ils viennent d’entrer dans un des plus beaux cafés de Vienne, le Café Central, véritable palais, joyau néo-renaissance de la capitale autrichienne, ancien lieu de rencontre des auteurs d’une époque longtemps révolue. D’habitude, il y a une longue queue à l’entrée, il faut patienter, c’est un café très prisé par la clientèle touristique. Mais ce jour-là, peu d’attente, quelle chance. En plus, ce garçon charmant, tout vêtu avec élégance, costume noir, noeud-papillon, chemise blanche, met tout de suite de l’ambiance.                                                               „Veuillez me suivre, s’il vous plaît. Voilà votre table, elle vous va?“                                                Il leur montre la petite table en marbre, les sièges en velours rouge, depuis cet endroit on a une vue parfaite sur l’intérieur de ce café splendide évoquant les temps d’un empire multiculturel qui a laissé des traces un peu partout dans l’Autriche actuelle, sur le porte-revues avec un très grand nombre de journaux venus de tous les coins du monde, et finalement aussi sur la vitrine avec les gâteaux dont se vante à juste titre le petit pays au coeur du continent. „Qu’est-ce que tu prends, chérie, un café, un croissant?“ demande, tout attentif, le jeune homme à sa compagne française, très française, élégante, blonde, svelte, yeux marron, queue de cheval.                                                                                                                                    “Si vous ne voyez pas d’inconvénient, Madame, Monsieur,“ intervient le serveur discrètement, en un français parfait, „je vous conseille de goûter une de nos pâtisseries autrichiennes, délicieuses, vraiment très délicieuses.“                                                            „D’accord“, réplique la jeune femme, „je prends donc un café et ..… comment vous dites, un „Apfelstrudel“, essaie de bien prononcer en allemand la jolie blonde.                                 „Très bon choix, Madame“, répond le garçon, qui prend visiblement du plaisir à pouvoir mettre en pratique ses connaissances de la langue française.                                               „Mais, si je peux me permettre,“ poursuit-il poliment, „quel sorte de café désirez-vous? Vous savez, vous êtes dans la capitale du café, ici, à Vienne, il faudra bien spécifier, sinon, nous, on ne comprend pas.“                                                                                                                         „Du coup, lequel vous me recommanderiez, Monsieur?“ demande alors la Française, émerveillée par la commande du garçon de sa langue maternelle.                                  „Pourquoi pas un „fiacre“, c’est un café serré avec un peu de liqueur de kirsch ajoutée, ça vous dirait bien, Madame?“                                                                                                                                „Très bien, alors un „fiacre“. Mais d’où vient donc cette désignation curieuse, Monsieur?“   „A l’origine de cette spécialité appelée „fiacre“ sont les cochers des fiacres qui autrefois prenaient un café fort avec un peu d’alcool pour se réchauffer en attendant leur clientèle dans les froides heures de l’hiver.“                                                                                                   „Ah, tiens, comme ça, il y a beaucoup de spécialités de café à Vienne“, s’étonne la jeune femme.                                                                                                                                                „Moi, je prendrai bien un „großer Schwarzer“, intervient son ami, visiblement devenu un brin jaloux par la conversation animée entre sa compagne et cet étranger en costume noir.       „Dis-donc, tu t’y connais, chéri, dans les spécialités cafetières, ajoute son amie.                         Il sourit. Il a bien réussi son intervention.                                                                                           „Et pour accompagner votre café, Monsieur?“ lui demande le garçon, qui redécouvre son rôle officiel, presque servil.                                                                                                               C’est au tour du jeune Français maintenant de vouloir apprendre plus sur l’histoire des pâtisseries autrichiennes, et pourquoi pas, peut-être aussi soumettre à un petit test ce serveur si gentil, polyglotte.                                                                                                                       „Je prendrai bien un croissant, mais, savez-vous – lui lance-t-il tout-à-coup – quelle est l’origine du croissant?“                                                                                                                      „Vous seriez peut-être surpris, Monsieur, mais contrairement à ce qu’on pense, le croissant n’est ni une spécialité française, ni même une spécialité autrichienne. Nous autres, nous l’appelons d’ailleurs „Kipferl“, avec ce diminutif typiquement autrichien en –erl. La légende dit – à tort ou à raison - qu’a l’époque du siège de Vienne par les Turcs en 1683 les Viennois ont découvert le café et le croissant.“                                                                                                                                          Il a réussi son coup. Le Français, tout en restant gentleman, préfère passer à autre chose. „Vous me recommandez alors quelle spécialité autrichienne – je vois qu’il y a une multitude de pâtisseries exquises!“                                                                                                                  „Prenez donc une „Linzer Torte“, moins connue que la „Sacher Torte“, mais aussi bonne, et certainement moins lourde.“                                                                                                             „Très bonne idée, Monsieur“, lui répond le Français, content d’avoir conclu la commande dans ce temple autrichien de pâtisseries et de cafés. „Et apportez-moi aussi „Le Monde“, s’il vous plaît. Je ne parle pas allemand“, rajoute le jeune homme.                                                   „A votre service“, reprend le serveur en français sans faute et s’éloigne en se dirigeant vers le stand rempli de journaux internationaux prestigieux.

 

 

 

Le jeune Français prend alors la main de sa compagne, qui lui fait un sourire tendre, espiègle, amoureux.

 

 

 

Traduit de l'allemand par l'auteur