Kholoud Charaf (Syrien/österreich) geboren 1981 in Al-Mojaimr, Syrien, lebt in Berlin. Sie ist Dichterin, Kunstkritikerin, Publizistin und Aktivistin. In ihrer Lyrik, ihren Chroniken und Prosawerken verarbeitet sie Erfahrungen von Flucht und Exil. Als Schriftstellerin und Publizistin war Charaf immer wieder von Zensur bedroht. Sie setzte sich insbesondere für die Lebensbedingungen von Frauen und Kindern in vom Bürgerkrieg zerrütteten Syrien ein. 2019 erhielt sie den IBN BATTUTA Prize for Travel writing. Seit September 2020 ist Kholoud Charaf Stipendiatin des Writers-in-Exile-Programms des PEN-Zentrums Deutschlands. Zuletzt erschienen ist ihr Gedichtband„Secret“ (Amjad publishing house, 2021).

Deutsch

 

 

ZWEIDEUTIGKEIT

 

Welche Weisheit steckt in all dem?

Ich glaubte an alles

was ich mir erzählte

und wiederholte

die Erfahrungen aus der Erinnerung

wieder und wieder

allein

durchlebte von neuem dieselbe Zeit

Ich dachte an dich

als Geschichte

und als Gedicht

und jedes Mal war ich

die Erzählerin

und der Reim

Ich bin meine eigene Erzählung

Ich spreche viel, wie der, der seinem Spiegelbild im Wasser

vom Leben eines Pferds erzählt, das auf dem Rücken der Unsterblichkeit

vergessen wurde

Als es erkannte, dass das Paradies

auf Chagalls Bild

verloren war

da glitt es fast aus seinem Zaum

und aus der Zeit

Es konnte sich nicht vor sich selbst und nicht aus seiner Opferrolle retten

und ich von seinem Rücken nicht entfliehen

Von fern dringt aus der Kindheit ein Duft herüber

ganz aus Nähe der schmerzliche Geruch des Körpers

Unzweideutig

bin ich an mich gefesselt

und es entflieht das Pferd

 

 

EIN GEDANKE

 

Er probierte zu laufen

und zu schwimmen

Ich gab ihm einen Teil meiner Fantasie

Da flog er davon

 

 

 

DIE UHR

 

Alles an ihr ist in Bewegung

und doch verließ sie nie ihren Platz

 

 

 

DIE WELT

 

ist verrückt, verschwendet ihre Zeit damit, sie in Gewehrkugeln zu füllen

während ihr ein fauliger Geruch entströmt

Die Welt ist allein

Sie braucht jemanden, der sie in ihrer Krankheit nährt

 

 

Übersetzt von Kerstin Wilsch

 

 

 

Arabisch

 

 

التباس

 

ما الحكمةُ من ذلك كله

آمنتُ

بكلِّ ما حدَّثتُ بهِ نفسي

وقد مرَرتُ

وحيدةً

أعيدُ تَجرُبَةَ ذاكرتي

وأعيشُ الزمنَ نفسَه.

مرَرتُ بِكَ

حكايةً

وقصيدة.

وكنتُ في كلِّ مرةٍ

الراويةُ

والقافية.

أنا القصة التي تمرّ بي

أقولُ الكثيرَ كمن يُحدِّثُ ماءَ وجههِ

بسيرةِ حصانِ منسي على

صهوةِ الخلود

حين أَدركَ أنّ الفِردوس ضاع

في لوحة شاغال

كادَ يفلِت من لجامهِ

ومن الوقت

فما نجا من نفسهِ ولا من دورِ الضحيةِ

وما نجوتُ على صَهوتِهِ.

من بعيدٍ رائحةٌ تنساب من الطفولة

من قريب رائحة الجسدِ الموجِعة

دون التباس

أعلقُ بوجهي

 

وينجو الحصان!

 

فكرة

 

جّربتْ المشي

والسباحة

أعطيتها جزءاً من خيالي

فطارت.

 

 

الساعة

 

كل ما فيها قلق

ولم تبرح مكانها

 

 

العالم

 

مجنون يعبئ الوقت في رصاصة

ورائحة نيئة تفوح منه

العالم وحيد

يحتاج إلى من يطعمه في مرضه.