Ernst Waldinger
Ernst Waldinger (16. Oktober 1896, Wien-Neulerchenfeld – 1. Februar 1970, New York) war ein österreichisch-US-amerikanischer Lyriker und Essayist, dessen Werk tief von den Erfahrungen des Krieges, des Exils und der Entwurzelung geprägt ist. Aufgewachsen als Sohn eines jüdischen Schuhhändlers in Ottakring, verband ihn früh eine Leidenschaft für Literatur und Kunst. Seine Jugendjahre waren durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg überschattet, in dem er 1917 in Rumänien schwer verwundet wurde und vorübergehend sein Sprechvermögen verlor – eine Sprachlosigkeit, die er durch das Rezitieren von Gedichten zu überwinden suchte.
Nach dem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien (Promotion 1921) arbeitete er im Verlag „Allgemeiner Tarifanzeiger“ von Alexander Freud, knüpfte literarische Freundschaften, unter anderem zu Theodor Kramer, und engagierte sich in der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller. Seine ersten Gedichtbände erschienen Mitte der 1930er Jahre und machten ihn zu einer festen Stimme der Wiener Literatur jener Zeit.
Mit dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurde Waldinger als Jude und politisch engagierter Autor zur Flucht gezwungen. Über Paris und London gelangte er mit seiner Frau Beatrice Winternitz – einer Nichte Sigmund Freuds – nach New York. Dort arbeitete er zunächst in verschiedenen Berufen, bevor er 1944 den Aurora-Verlag mitbegründete und von 1947 bis 1965 als Professor für deutsche Literatur am Skidmore College in Saratoga Springs lehrte.
In seinen Gedichten verband er Wiener Prägung mit der Erfahrung der Emigration. Seine Lyrik oszilliert zwischen präzisen Natur- und Stadteindrücken, philosophischer Tiefe und der melancholischen Spannung zwischen „Hudson und Donau“. Waldinger blieb ein Brückenbauer zwischen alter und neuer Heimat, zwischen österreichischer Tradition und der Weite der Exilerfahrung.
Werke (Auswahl)
Preise und Ehrungen